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Helmut Langer und Wilhelm Küpper

Helmut Alexander Josef Langer ist am 05.01.1926 in Paderborn geboren und katholisch getauft worden. Nach einem Umzug nach Dortmund-Asseln wuchs er als einziges Kind seiner Eltern Josef und Josefine in christlich geprägten bürgerlichen Verhältnissen auf – sein Vater war Reichsbahnobersekretär. Er konnte das Gymnasium besuchen, wo er im Frühsommer 1944 sein Abitur bestand. Unmittelbar darauf ist Helmut Langer offensichtlich unter Gruppenzwang wie alle Schüler seiner Abschlussklasse der NSDAP beigetreten. Am 11.07.1944 wurde er zur Grundausbildung eingezogen, der Stammbatterie Heeres Flak Artillerie Ersatz Abt. 278 zugeteilt und dort als Schütze ausgebildet. Eingesetzt in der Flakabwehr der Heimatfront - Dortmund war Ziel heftiger alliierter Luftangriffe -  ist er im Spätherbst 1944 verwundet worden.

Wilhelm Küpper ist am 24.1.1926 in Hemmerich, Kreis Bonn-Land, geboren, katholisch getauft und erzogen worden. Sein Vater war Bahnarbeiter bei der Köln-Bonner Eisenbahngesellschaft, bearbeitete aber mit seiner Frau Agnes noch einen kleinen Gemüseanbaubetrieb. Von Wilhelm, dem zweitjüngsten von fünf Kindern, ist ein Foto überliefert, ein Frontalportrait, das ihn, das volle Haar fein gekämmt, mit weißem Hemd, Krawatte und dunkler Jacke zeigt. Sein Lächeln wirkt zwar etwas verkrampft, aber die Augen blitzen wachsam und schalkhaft. Er wurde im Sommer 1944 zur Militärausbildung eingezogen, als Schütze ausgebildet und dann dem Grenadier Regiment 861 zugeteilt.

Wo Helmut Langer und Wilhelm Küpper sich kennengelernt haben, ist ungewiss - vielleicht schon während ihrer Grundausbildung in Paderborn - doch schon gleich scheint sich eine Freundschaft herausgebildet zu haben, die auf den Ähnlichkeiten aber auch der pointierten Verschiedenheiten ihrer Persönlichkeiten beruht haben mag: Einer war ein Einzelkind, der andere entstammte einer kinderreichen Familie, beider Väter waren bei der Eisenbahn beschäftigt, beide bis auf wenige Tage gleich alt, beide von früher Kindheit an geprägt durch die rheinländisch-katholische Wertvorstellungen. Langer war dunkelhaarig, Küpper blond. Letzter litt an einer Lese-Rechtschreibschwäche, wegen der er in der damaligen Gesellschaft Geringschätzung zu spüren bekam. Dennoch hat er sich behaupten können durch seinen zu Hause erworbenen unerschrockenen Arbeitseinsatz und seinen Humor, mit dem er den schulischen Mangel kompensieren und die Mitmenschen für sich einnehmen konnte. Darüber hinaus war er ein begeisterter, draufgängerischer Fußballspieler. Helmut Langer hingegen war eher zurückhaltend, dafür geistig ambitioniert und ständig mit der Lektüre von Büchern beschäftigt. Er wollte später Theologie studieren. Der eine also anpackend und sportlich, der andere eher zart und intellektuell. Natürlich sind beide auch der Indoktrination und Ideologie des Dritten Reiches ausgesetzt gewesen, die die besondere Rolle der Jugend für die Zukunft, die Tapferkeit und den Heldenmut sowie den absoluten Gehorsam als oberste Lebensziele proklamiert und den Jugendlichen eingeimpft hat.

So kann man sich die beiden vorstellen als ein Freundespaar, wobei der eine still, nachdenklich, vielleicht sogar grüblerisch und schüchtern erscheint, der andere dagegen gewitzt und offen, kreativ und getragen von einer unbekümmerten Naivität. Beide waren als junge, unerfahrene Menschen hinausgeworfen in die Grausamkeit des Krieges, in eine von Gewalt, Terror und menschenverachtender Doktrin geprägte Wirklichkeit einer abscheulichen Herrschaft.

Zwischen Weihnachten und Neujahr 1944 kamen die beide in Köllerbach an. Schnee war gefallen, es herrschte wundervolles Winterwetter.

Köllerbach im Winter 1944/45

Seit Anfang Oktober 1944 war auch Köllerbach von der 2. Evakuierungswelle erfasst worden. Trotz der unberechenbaren Angriffe der amerikanischen Artilleriebomber war jetzt ein beachtlicher Teil der Bevölkerung nicht mehr bereit, die Heimat zu verlassen, zumal die arbeitsfähigen Männer für den Stellungsbau ohnehin zurückgehalten wurden. Gearbeitet wurde ebenfalls weiter in der Grube Viktoria II sowie den örtlichen Bauernbetrieben, wo auch Zwangsarbeiter beschäftigt waren. In zahlreichen Stollen suchte die Bevölkerung Schutz vor den Luftangriffen.

Am 4. Dezember 1944 wurde der Divisionsstab der 347. Infanterie-Division nach Püttlingen verlegt und das 861. Regiment bezog Quartier in Püttlingen und Köllerbach. Helmut Langer und Wolfgang Küpper gehörten zur 3. Kompanie der neu aufgestellten Panzerjägerabteilung 347.

Ende 1944 zog sich – grob skizziert – der Frontverlauf von Saarbrücken über Ensdorf bis Saarlautern (Fraulautern) hin, wobei Köllerbach im Scheitelpunkt dieses strategischen Dreiecks lag. Der Ort diente als Etappe für die an dieser westlichen Front eingesetzten Streitkräfte. Soldaten konnten sich hier ein wenig ausruhen und pflegen und so für den nächsten Einsatz bereitmachen. Das bedeutet aber auch, dass die gesamte Infrastruktur eines solchen hinter der Front liegenden Stützpunktes auch in Köllerbach vorzufinden war: Kommandoabteilungen, Munitionstransporte und Nachschublager, Krankenlager, Feldküchen, Schreibstuben, Stützpunkte der SS und der Feldjäger. Es herrschte eine hohe Betriebsamkeit motorisierter und menschlicher Teilnehmer, ein militärischer Aktionismus mit rasch dahinschwindenden Einsatzkräften und Ressourcen, ein ständiges Kommen und Gehen oft neuer Gesichter und undurchsichtiger Gesinnungsgenossen, das im System verankerte Konkurrenz- und Kompetenzgerangel, ein Wirrwarr der das Regime so kennzeichnenden divergierenden und sich gegenseitig kontrollierenden Machtstrukturen - all das angesichts einer bei nüchterner Betrachtung völlig aussichtslosen Verteidigungssituation.

Dazwischen ging das karge Leben der Einwohner weiter, das neben dem Mangel und den täglichen Improvisationen zum Überleben beherrscht war von Schmerz über die durch den Krieg erlittenen Opfer, die Angst vor der Willkür der noch immer herrschenden Menschenverächter und ihren weiterhin auch bei den Dorfbewohnern noch zahlreichen Gefolgsleuten und die tief glimmende, aber nicht laut aussprechbare Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges und eine Befreiung.

Januar bis Mitte Februar 1945

Zu dem Bestand der 347. Infanterie-Division gehörten zwar auch erfahrene Landsern, die schon viele Kriegsschauplätze gesehen hatten. Sie bestand hauptsächlich aber aus Zugängen von sehr jungen, eben erst ausgebildeten Soldaten, meist aus der Köln-Dortmunder Gegend, zu denen eben auch Wilhelm Küpper und Helmut Langer gehörten.

Die jungen Menschen mussten sich nun selbstständig in Köllerbach eine Unterkunft suchen, was nicht einfach gewesen ist, da in den zur Verfügung stehenden Häusern sehr oft schon andere Soldaten einen Platz gefunden hatten. Dennoch fand Wilhelm Küpper am Sommerberg im Haus Kattler und Helmut Langer im Haus Walter (Berwanger) auf dem unteren Bärenberg ein Quartier.

Zu den Familien dort entwickelten sich freundschaftliche Beziehungen. Da aus den Häusern zu der Zeit die Männer meist abgezogen waren, konnten sich die jungen Soldaten auch in der Haushaltsorganisation nützlich erweisen. Beide feierten ihren 19. Geburtstag im Kreise ihrer Gastgeberfamilien.

Zunächst musste Helmut Langer noch seine Verletzung auskurieren. Diese Zeit hat er viel mit dem Lesen seiner mitgebrachten Bücher und dem Briefeschreiben nach Hause verbracht. In seinem Quartier war allerdings auch ein strikt der Naziideologie folgender Unteroffizier untergebracht, tätig in der Wehrmachtsschreibstube, die in einem etwas feudaleren Neubau in der unteren Engelfanger Straße eingerichtet worden war. Es entwickelte sich ein problematisches Verhältnis zwischen Langer und dem Unteroffizier, der die Schüchternheit und Unschuld des jungen Menschen zum Spielball seiner autoritären und von Naziparolen strotzenden Besserwisserei machte. Langer entwickelte große Scheu und Ängstlichkeit und versuchte dem Unteroffizier trotz der Enge der Verhältnisse aus dem Weg zu gehen.

Die Lage in Köllerbach wurde immer kritischer, ständig musste mit Granatenbeschuss gerechnet werden. Für die militärische und die zivile Bevölkerung verengten sich drastisch die Nachschub- und Versorgungsgrundlagen.

Wilhelm Küpper war wohl schon gleich zum Kampfeinsatz an die Front abkom-mandiert worden und Anfang Februar folgte ihm auch der wieder genesene Helmut Langer.

Mitte Februar 1945

Von höchster Stelle war angeordnet worden, die Spicherer Höhen unter allen Umständen gegen die Panzerangriffe der anrollenden US-Division zu halten, was den dort stationierten schwachen Reserven der 347. Infanterie-Division trotz zäher Kämpfe seit dem 15. Februar nicht gelang, so dass die Spichernstellung aufgegeben werden musste.

In diesen erbitterten und äußerst verlustreichen Kämpfen waren Langer und Küpper als Schützen eingesetzt und sind dort zum ersten Mal mit der brutalen und unerbitterlichen Kriegswirklichkeit konfrontiert worden. Nach dem Scheitern der Verteidigung waren die deutschen Kampfeinheiten in chaotischer Auflösung begriffen. Als die beiden überlebenden Jungsoldaten einen Offizier fragten, was nun in dieser desaströsen Situation zu tun sei, zuckte der nur wortlos mit den Schultern: Schmerz, Verwirrung und Kraftlosigkeit nach einer verlorenen Schlacht.

Da folgten die beiden jungen Soldaten dem natürlichsten menschlichen Trieb. Sie wollten nach Hause, also zu ihrem Einquartierungsort, und so verließen sie das von Opfern und Trümmern übersäte Schlachtfeld an der Goldenen Bremm.

Es war die verhängnisvolle Entscheidung.

Als die beiden von Burbach kommend auf der Ritterstraße in einer Bäckerei um Brot baten, wurden sie der Militärbehörde gemeldet und in der Rittenhofer Straße der Feldgendarmerie vorgeführt. Dort wurden die ahnungslosen, aber völlig verschüchterten jungen Soldaten befragt und verhört. Die Männer der Feldgendarmarie, von der Bevölkerung als „Kettenhunde“ bezeichnet, galten als skrupellose Verfechter und Erfüllungsgehilfen der indoktrinierten Werte vom absoluten Gehorsam gegenüber dem auf den Führer und einen pervertierten Ehrbegriff geleisteten Eides. Eine Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in Rittenhofen stationierten SS-Kontrollstützpunkt ist anzunehmen. Den beiden jungen Soldaten wurde ein Fehlverhalten attestiert und ein Arrest verhängt.

Nach dem Verhör durften Helmut Langer und Wilhelm Küpper nicht mehr ihre Einquartierungsorte aufsuchen, sondern wurden im Haus Pohl zusammen mit etwa einem halben Dutzend weiterer jüngerer Soldaten festgesetzt. Diese Haftsituation war eingerichtet worden, um die gerade in dieser Altersgruppe zunehmenden Fluchttendenzen zu unterbinden. Bewacht wurde die Gruppe von einem ortsansässigen Volkssturmmann. Tagsüber konnten sich die Festgehaltenen im kontrollierten Rahmen frei bewegen und wurden zu Hilfsarbeiten im wehrtechnischen oder landwirtschaftlichen Bereich eingesetzt. Einige der Bewachten konnten dennoch beim nächtlichen Gang zur Außentoilette am Gasthaus Altmeyer entkommen. Ihre privaten Habseligkeiten standen Helmut Langer und Wilhelm Küpper jetzt nicht mehr zur Verfügung, und vor allem Langer litt unter dem Verlust seiner geliebten Lektüre.

Die Freundschaft zwischen den beiden wurde durch diese Situation enorm gefestigt. Man sah sie nur noch zusammen. Sie wurden von der Bevölkerung als Freundespaar wahrgenommen. Eine mögliche Flucht, die ihnen durchaus von den Bauern, mit denen sie tagsüber zu tun hatten, angeregt wurde, stand für beide wegen der damit verbundenen großen Gefahren nicht zur Diskussion, vor allem aber, weil sie nach ihrem Verständnis nichts falsch gemacht hatten. Sie waren sich absolut keiner Schuld bewusst.

Ende Februar bis Anfang März 1945

Für die Feldgendarmarie war der Fall allerdings nicht abgeschlossen, sondern wurde zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens, das schließlich zu einem Kriegsgerichtsurteil führte.

Noch Anfang Februar hatte der Initiator millionenfachen Massenmordes Heinrich Himmler die traditionelle Ermittlung bei einem Kriegsgerichtsverfahren zu einem zügig durchzuführenden Prozess für schnelle Standgerichte befohlen. Dieses Verfahren fand nun statt in einer Gerichtsverhandlung wahrscheinlich in der Wehrmachtsschreibstube in der Engelfanger Straße.

Aufgrund des Verschwindens einiger der im Hinterhaus Pohl Inhaftierten wurde eine steigende Tendenz zur Fahnenflucht bei der ohnehin nachlassenden Moral der Truppe befürchtet, der man durch brachiale Abschreckungsmaßnahmen, für die die Feldgendarmerie berüchtigt war, begegnen wollte. Das Kriegsgerichtsurteil über Helmut Langer und Wilhelm Küpper liegt nicht schriftlich vor, doch sind folgende Anklagepunkte vorstellbar:

  • massive Fahnenflucht
  • Feigheit vor dem Feind
  • versuchter Diebstahl von Volkseigentum

Tod durch Erschießen lautete der Urteilsspruch.

Als Fahnenflucht und Feigheit vor dem Feind wurde das eigenmächtige Entfernen von der Truppe, also das ohne Befehl ausgeführte Verlassen des Schlachtfeldes und der eigenständig durchgeführte Rückweg nach Köllerbach, gewertet, als versuchter Diebstahl die Mitnahme der Soldatenuniform.

Juristisch vertretbare Gründe lagen also nicht vor.

In den letzten Tagen des Regimes bestimmten aber Terror und menschenverachtender Totalitarismus immer mehr die Regeln, nicht nur in der Wehrmacht. Angesichts des sicheren Endes des Dritten Reiches wuchs die ungehemmte Brutalität von vielen, die bisher dem Regime unterwürfig und gläubig gedient hatten, auf bösartige Weise an, womöglich ein aus Angst vor der Zukunft und vor Bestrafung einsetzender Verdrängungsmechanismus. Dass in Köllerbach besonders pflichteifrige und fanatische Einsatzkräfte stationiert waren, zeigt auch die bei ihrem Abzug militärisch völlig sinnlose Sprengung der Köllerbachbrücke. Persönliche Faktoren sind bei der Urteilsfindung aber auch nicht auszuschließen.

Die örtliche Parteiführung hat sich dem Todesurteil gegen Langer und Küpper gefügt, es als Kollateralschaden akzeptiert.

3. März 1945

Wann den beiden das Gerichtsurteil mitgeteilt wurde, bleibt unklar. Am Samstag, den 3. März 1944 - es war sonniger Vorfrühlingstag - sind sie morgens zu Ausgrabungsarbeiten von zwei Gräbern auf den Friedhof Kölln abkommandiert worden. Dass es ihre eigenen Gräber sein sollten, zeigt wiederum die bodenlose Infamie und den latenten Sadismus der befehlshabenden Kräfte im Dritten Reich. Etwa um die Mittagszeit wurden sie dann von einem bewaffneten Trupp wahrscheinlich in den Keller des evangelischen Pfarrhauses geführt.

Dort wird ihnen dann auch offenbar der Urteilsspruch verkündet worden sein.

Welche Wirkung dieser in Helmut Langer und Wilhelm Küpper hervorgerufen haben mag, ist nicht bekannt. Es muss ein ungeheurer Schock gewesen sein, der ihr naives Weltbild vom Sieg des Guten und der Belohnung des Aufrechten einstürzen ließ. Die völlige Unmöglichkeit einer Abwendung des Urteils machte Angst und einer willenlosen Apathie Platz und allein, dass sie zu zweit waren, bewahrte sie vor der totalen Einsamkeit und dem Absturz in die Verzweiflung. Die Freundschaft und Verbundenheit zwischen ihnen erreichte in diesen Stunden ihre höchste Blüte. Die dort angeblich verfassten Abschiedsbriefe an die Eltern sind nie zu Hause angekommen. Helmut Langer und Wolfgang Küpper mussten sich ihrer Uniform entledigen und als weitere Entwürdigung ihren letzten Gang im Unterzeug antreten.

Einem Bauer aus Rittenhofen war befohlen worden, mit seinem Pferdefuhrwerk zwei Rundhölzer zum Steinbruch Mohm an der Sprenger Straße zu bringen. Dieser aufgegebene Steinbruch hatte in den letzten Jahren schon als SA-Schießplatz gedient. Jetzt wurde der Zugang dorthin abgesperrt und der anliegenden Bevölkerung befohlen, die Häuser nicht zu verlassen. Soldaten rückten zum Steinbruch vor.
Am späten Nachmittag dann fuhr ein Wehrmachts-LKW die verlassene Sprenger Straße hinauf. Im Führerhaus saßen Uniformierte, während vor dem Wagen zwei junge Männer schritten: Helmut Langer und Wilhelm Küpper.

In der beginnenden Dämmerung im Steinbruch angekommen, wurden sie an die aufgerichteten Holzpfähle gebunden und ihnen die Augen verbunden. Einer der beiden hat laut gewimmert und nach seiner Mutter gerufen.

Die ganze Kompanie war zur Anwesenheit verpflichtet worden. Ein Erschießungskommando stand bereit. Auf Kommando hin wurde angelegt und geschossen, wobei einer der beiden Delinquenten erst durch den nachträglichen Genickschuss eines Offiziers wirklich zu Tode kam. Es war kurz nach 19 Uhr.

Die Leichen wurden in Zeltplanen gewickelt, auf den Pritschenwagen geladen und zu den Gräbern auf den Köllner Friedhof gebracht, wo sie vom Friedhofswärter verscharrt und eher zufällig mit ihren richtigen Namen versehen worden sind.

Mehrfach bezeugt sind Reaktionen von Soldaten, die bei der Erschießung hatten anwesend sein müssen. Im geschützten privaten Bereich brachen abends hartgesottene Männer in Tränen aus oder reagierten körperlich mit Zeichen von Ekel und Abscheu. Ihnen war vollständig bewusst, dass die standesgerichtliche Tötung von Helmut Langer und Wolfgang Küpper nicht durch den soldatischen Moralkodex zu rechtfertigen gewesen waren. Es handelte sich um Mord an zwei Unschuldigen, verübt in menschenverachtender Absurdität und durch den auf Terror und Unterdrückung basierenden menschlichen Größenwahn von Gefolgsleuten eines verbrecherischen Regimes.

Engelfangen, im Januar 2024 
Alban Dörr